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Roller Derby und der feministische Kampftag

Ein Kommentar von Koko aus dem Vorstand von Roller Derby Deutschland zum 08. März:

Ein Tag – viele Gedanken

Der 8. März wird von gesellschaftlichen Gruppen mit unterschiedlichen Inhalten befüllt und ganz verschieden begangen. Gewerkschaften und ihnen nahe Bewegungen beziehen sich stark auf den historischen Ursprung des Tages, nämlich den Kampf von Arbeiter*innen für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen. Vor allem Fabrikarbeiter*innen haben seit der Mitte des 19. Jahrhunderts in den USA und später in vielen anderen Ländern für bessere Löhne, kürzere Arbeitszeiten und gegen unmenschliche Wohn- und Arbeitsverhältnisse gestreikt. Heute kaum noch vorstellbar, wurden nicht wenige dafür auch verhaftet.

Es gibt auch eine relativ entpolitisierte Spielart des 8. März, bei der den Frauen mit Blumen und anderen stereotypen Geschenken gedankt werden soll. Ich habe mich oft gefragt, wofür? Dafür, dass sie den ganzen Bullshit die nächsten 365 Tage ertragen und hinnehmen?

In der, ich nenne sie mal, „feministischen Bubble“ ist der Frauenkampftag inklusiver und intersektioneller geworden und wird als feministischer Kampftag begangen.

Sexismus betrifft verschiedene Personengruppen unterschiedlich: Der Sexismus gegen BIPOC ist mit dem Rassismus, den sie erfahren, verzahnt – ihre Perspektiven und Erfahrungen unterscheiden sich von denen der weißen Feminist*innen.

Migrantische flinta*s können nochmal ganz besonders hart von beschissenen Arbeitsbedingungen betroffen sein. Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung umfasst neben dem Recht auf sichere Abtreibungen für flinta*s auch die Forderung nach einer entpathologisierenden trans* Gesundheitsversorgung. Es gibt noch viele weitere Beispiele. Was die verschiedenen Perspektiven eint, ist das Streben nach einem selbstbestimmten, guten Leben für alle.

Sexismus und Diskriminierung im Sport

Das Kapitel Sexismus und Diskriminierung im Sport umfasst ein vielbändiges Werk – also ein richtig fetter Wälzer. Wie in anderen Bereichen mussten und müssen flinta*s und besonders tian*-Personen für ihren Platz im Sport kämpfen.

Lasst es euch auf der Zunge zergehen, ja leider ein sehr bitterer Geschmack – erst seit 2012 (!) sind alle olympischen Sportarten für Frauen zugänglich. Und die aktuellen Diskussionen um trans*, inter* und nonbinäre* Athlet*innen in der „Mainstream-Sportwelt“ können nur frustrieren.

An dieser Stelle spielt Roller Derby leider (noch) eine Außenseiter*innenrolle und ich wünsche mir am feministischen Kampftag nochmal stärker als sonst auch, dass wir viel viel mehr werden und unsere Botschaften, unsere Debatten und unsere Learnings in die (Sport-)Welt tragen.

Um dafür Kraft und auch Lust zu schöpfen, denke ich, ist es wichtig sich daran zu erinnern, dass soziale Ungerechtigkeit und Diskriminierung dann in die Vergangenheit verbannt werden können, wenn viele Menschen sich zusammenschließen und solidarisch gemeinsam für das bessere Leben kämpfen. Wenn sie sich gegenseitig bestärken, sich anfeuern und sich Mut machen.

Roller Derby als Raum für Alle

Beim Roller Derby erlebe ich oft Momente der Solidarität, des Anfeuerns und des gemeinsamen Voranschreitens. Sport ist keine abgeschlossene Domäne für den typischen cis-Athlet. Sport soll und muss für alle Personen, die Lust dazu haben, ein Raum sein, in dem sie sich entfalten können, sich ausprobieren und auch ihre Grenzen austesten. In dem sie sich mit anderen verbinden, lernen wie Menschen gemeinsam etwas auf die Beine stellen können und wie sie im Kleinen und vielleicht auch im Großen bessere Bedingungen schaffen können, für diejenigen, die bisher im Sportbereich klein oder gar rausgehalten wurden.

Ich freue mich auf alle, die Bock haben Roller Derby weiterzuentwickeln und voran zu schreiten!

Foto: Michael Schrieber