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Trans Day of Visibility: Sichtbarkeit, Solidarität und Inklusion

Ein Kommentar von Navi aus dem Vorstand von Roller Derby Deutschland zum 31. März:

Es ist wichtig, dass wir auf das bereits investierte Engagement und die Erfolge blicken, die wir im Roller Derby erreicht haben. Jedoch möchte ich mit diesem Text auch den Finger in die Wunde legen und ehrlich ein paar Gedanken und Gefühle mit euch teilen. Denn ich bin nicht nur glücklich in der Roller Derby-Community, sondern auch müde und wütend. Gefühle haben in Diskussionen Raum verdient, denn am Ende geht es um Lebensrealitäten, Schmerz und Existenzen.

Tag des Feierns und der Reflexion

Jedes Jahr am 31. März wird der Trans Day of Visibility begangen, um die Sichtbarkeit von trans* Menschen weltweit zu erhöhen und ihre Geschichten sowie ihre Rechte zu würdigen. Es ist ein Tag des Feierns, aber auch der Reflexion über die Herausforderungen, mit denen trans* Personen konfrontiert sind. Vor allem auch im Sport und so auch im Roller Derby.

In Bezug auf Sichtbarkeit und Anerkennung der trans* Community und ihren Themen hat es in den letzten Jahren enorme Fortschritte gegeben. Dennoch muss uns bewusst sein, dass trans* Personen immer noch Diskriminierung, Vorurteile und physische und psychische Gewalt erfahren, sowohl auf strukturellen Ebenen als auch auf der Einzelebene. Der Trans Day of Visibility erinnert uns daran, dass unsere Arbeit für Gleichberechtigung, Akzeptanz und Respekt noch lange nicht abgeschlossen ist. Vor allem wenn ich mir die politischen Diskurse und neuen Gesetze anschaue, dann ist Angst mein ständiger Begleiter.

Sport kann nicht unpolitisch sein

Ich möchte nicht mehr diskutieren, ob Sport und Politik zusammengehören. Sport und Politik gehören zusammen. Punkt. Solange Menschen auf Grund von Geschlechtszugehörigkeit, Ethnie, Körperformen, Neurodivergenz oder anderen Marginalisierungen in so vielen Räumen ausgeschlossen werden oder um ihr Leben fürchten müssen, können wir und so auch Sport nicht unpolitisch sein. Dann ist es wichtig Position zu beziehen und sich diese Räume und die Diskriminierungsformen anzuschauen, die dort stattfinden und aktiv etwas zu verändern. Dazu gehört auch immer wieder die eigenen Privilegien zu hinterfragen und zu schauen, was ich selbst an mir und den mich umgebenen Strukturen aktiv ändern kann.

Im Roller Derby finden trans* Personen oft einen sichereren Raum, in dem sie ihre Authentizität ausleben können. Hier sind Geschlechtszugehörigkeit und Körperlichkeit nicht nur akzeptiert, sondern auch gefeiert. Roller Derby hat entscheidend dazu beigetragen, Barrieren abzubauen und eine Umgebung zu schaffen, in der alle Menschen gleichermaßen willkommen sind, unabhängig von Geschlecht. Das ist für Teile der Community auch stimmig, aber leider nicht die komplette Realität, sondern eher ein Idealbild, dass wir noch lange nicht erreicht haben.

Alleyship, immer.

Oft erfahren trans* Menschen auch in der eigenen Community Exklusion und machen dort retraumatisierende Erfahrungen. Es reicht nicht nur der Regenbogen-Button an der Jacke, sondern es muss proaktiv etwas in den gesellschaftlichen Strukturen und auch bei unseren eigenen Denk- und Handlungsmustern eine Veränderung stattfinden und das nicht nur wenn Pride Month ist und Menschen hinsehen. Allyship ist mehr.

Ja, es ist ein anstrengender Prozess, wenn Menschen Gewohnheiten ändern müssen und es dauert Zeit. Es ist anstrengend eigene Privilegien zu hinterfragen und Denk- und Handlungsmuster zu verändern. Genau das ist aber nötig, damit wir etwas verändern und eine inklusivere Gesellschaft schaffen. Ist es zu viel verlangt etwas Anstrengung zu erwarten? Wir können die Regeln eines neuen Sports, wie Roller Derby lernen, aber kriegen es nicht hin Menschen kein Geschlecht von außen aufzudrücken oder Pronomen zu lernen?

Ganz ehrlich? Ich möchte nicht mehr für das Minimum betteln. Ich bin so müde und wütend über diese Zustände, auch im Roller Derby. Natürlich habe ich für die psychologischen und neurologischen Prozesse ein gewisses Verständnis, aber warum müssen marginalisierte Personen immer wieder Verständnis und Geduld aufbringen? Ich fordere hier keinen Perfektionismus. Absolut nicht. Wir sind Menschen, wir machen Fehler. Ich selbst auch zu genüge. Stichwort wäre hier „adäquate Fehlerkultur etablieren“. Mir geht es um die Mühe und das Engagement, dass ich einfach mittlerweile auch erwarte, gerade in der Roller Derby-Community.

Queere Menschen gab es schon immer. Uns wird es immer geben. Es ist unsere Lebensrealität. Wir wollen einfach nur in Ruhe unsere Leben leben, so wie wir sind. Mit den gleichen Rechten, Freiheiten und Sicherheiten. Warum ist das so schwer zu verstehen bzw. warum ist das so viel verlangt? Ja, wir haben alle viel zu tun. Ja wir haben alle unsere Hürden, Schwierigkeiten und Probleme im alltäglichen Leben. Das verneint auch niemensch. Aber das kann und sollte nicht unser Handeln bestimmen.

Leere Worthülsen reichen nicht

Es ist Zeit, dass wir alle endlich den Mund aufmachen, aufstehen und handeln. Queerfeindlichkeit ist nichts Importiertes. Transfeindlichkeit und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit findet nicht nur am äußeren rechten Rand statt, sondern mitten unter uns und vor allem auch in unseren eigenen Gedankengängen, denn wir sind in einer Gesellschaft sozialisiert worden, die voll von Rassismus, Sexismus, Klassismus, Queerfeindlichkeit etc ist. Deswegen ist es wichtig, dass wir alle uns reflektieren und an uns arbeiten. Selbst wenn wir einer marginalisierten Gruppe angehören, können wir zum einen Privilegien in anderen Bereichen haben und zum anderen selbst Vorurteile und Ideologien der Ungleichwertigkeiten reproduzieren. Es reicht nicht mehr leere Worthülsen in den Raum zu stellen oder als Post mal zwischen durch Reichweite durch das Thema generieren zu wollen. Hier muss mehr passieren.

Als Teil der Roller-Derby-Gemeinschaft können wir alle dazu beitragen, indem wir aktiv für Sichtbarkeit und Inklusion eintreten. Das bedeutet, trans* Personen zu unterstützen, ihre Stimmen zu stärken und uns für ihre Sicherheit und Gleichberechtigung einzusetzen. Indem wir gemeinsam handeln, können wir Roller Derby zu einem noch sichereren und einladenderen Ort für alle machen. Es ist viel möglich. Fangt einfach an, damit trans* Menschen nicht in Angst um ihre Existenz leben müssen.

An meine trans* Family:

You are as enchanting as you are. Don’t let your light be taken away from you. We fight together for a better world. Your feelings, your gender and your sexuality are valid. We all deserve love and we will fight for equality. <3

Navi
nicht-binär, kein Pronomen oder xie
Ressortleitung Diversität und Inklusion

Foto von Kyle auf Unsplash